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Tesla Autopilot

„Fährt der wirklich alleine?„, „Kannst du während der Fahrt auf Youtube?“ und „Du musst gar nichts mehr machen, oder?„. Diese und weitere interessante Fragen treffe ich nun bereits seit über einem Jahr an. Da ich bis vor 2 Monaten nahezu alles an Neuigkeiten, Testberichten und Interviews verschlang, was die Entwicklung von Tesla betrifft, konnte ich daher meist auch gute Antworten formulieren – leider ohne persönlichen Bezug zur Realität.

Ebenfalls seit zwei Monaten bin ich nun stolzer Besitzer eines grauen (Midnight Silver Metallic) Model S, mit dem ich seither über die asphaltierten Strassen fliege.

Ich lese immernoch so einiges im Zusammenhang mit Tesla (sowie den weiteren Musk-Unternehmen SpaceX, Boring Company, SolarCity, Hyperloop). Nun kann ich in die oben genannten Antworten jedoch auch mit persönlichen Erfahrungswerten anreichern und etwaigen Interessenten ein etwas schärferes Bild vermitteln.

Aktueller Entwicklungsstand

Aktive Firmware: v8.1 (2017.42 a88c8d5) / Aufenthaltsort: Schweiz

Um den Begriff „Autopilot“ gab es in den vergangenen zwei Jahren viel Umtrieb und Verwirrung. Schnell waren die Gedanken bei dem, was wir aus dem Fernsehen kennen, einem Computersystem welches ohne zetern und mit absoluter Sicherheit die Kontrolle über das Gefährt oder Raumschiff übernimmt, es sicher durch Astroidengürtel und jeglichen Strassenverkehr lenkt – selbstverständlich ohne jegliches Zutun des „Mitfahrers“.

In dieser Dimension sind wir natürlich noch nicht ganz angekommen. Tesla nennt den „Autopiloten“ eigentlich Lenkassistent, die Umbennenung des Begriffs muss wohl nach dem ersten öffentlichen Aufschrei vorgenommen worden sein. Schlecht finde ich es nicht, obwohl mir Autopilot einfach nach wie vor leichter von der Zunge geht.

Bevor ich nun aus meiner Sicht beschreibe, was zum heutigen Zeitpunkt möglich, bzw. nicht möglich ist, möchte ich darauf hinweisen, dass die Verteilung von Softwareupdates in Bezug auf die besagten Autopilot-Features ein weltweiter Prozess ist. Das bedeutet, dass in den USA bereits weitere Updates im Umlauf sind (ebenfalls für einzelne Bundesstaaten unterschiedlich), die hierzulande noch nicht zur Verfügung stehen. Dies hat zur Folge, dass sich nahezu alle Länder/Kontinente an verschiedenen Positionen in dieser Verteilung befinden und somit auch andere Funktionen/Verbesserungen zur Verfügung stehen.

Heute ist der angepriesene Autopilot tatsächlich eher Lenkassistenz als wirklich mehr. Eine Kombination von adaptivem Tempomat und Spurhalteassistent führen zu einem gelungenen Bild eines selbstfahrenden Fahrzeug. Das Lenkrad bewegt sich von allein und die Geschwindigkeit des Fahrzeugs wird sauber durch die Erkennung des Vordermanns oder des eingestellten Maximalwerts gesteuert. Selbst der Spurwechsel kann automatisiert durchgeführt werden, dafür muss lediglich der entsprechende Blinker gesetzt werden. Danach prüft der Tesla automatisch, ob die Bedingungen für einen Wechsel der Spur erfüllt werden – gestrichelte Fahrbahnabgrenzung, keine nahenden Fahrzeuge sowie ein freier Platz auf der anderen Spur gehöhren sicherlich zu den wichtigsten Faktoren.

Mögliche Gefahren und Schwierigkeiten

Trotzdem ist Vorsicht geboten, beispielsweise erkennt der Tesla noch nicht, dass bei einer freien Fahrbahn aber einem anderen Fahrzeug auf der linken Spur nicht überholt werden darf. In diesem Moment muss der Fahrer korrigierend eingreifen und die Maximalgeschwindigkeit reduzieren oder die Funktion entsprechend deaktivieren. Zudem ist klar spürbar, dass der Lenkassistent noch nicht mit dem Navigationssystem korrespondiert, da z.B. nahende Kurven nicht beachtet werden. Das kann – bei Unaufmerksamkeit – durchaus eine reale Gefahr darstellen – so könnte man mit überhöhter Geschwindigkeit über eine Kurve „hinausschiessen“. Die eigentliche Schwierigkeit hierbei rührt vorallem daher, dass enge Kurven bei einer hohen Geschwindigkeit eine schnelle Reaktion des Systems erfordern. Bei scharfen Biegungen der Strasse ist das System also nicht vollends in der Lage eine schnelle Reaktion auszulösen.

So sollte meines Erachtens die Geschwindigkeit vor Kurven entsprechend reduziert werden, damit die Kamera- und Kontrollsysteme auch genügend Zeit für die Erkennung und Steuerung des Fahrzeugs haben. Dass diese Art der Information schon längst zur Verfügung steht, zeigen uns aktuelle Navigationssystem-Alternativen von TomTom, Garmin, usw. So führen diese die nächsten „Ereignisse“ auf der eingegebenen Route genau auf und geben dem Fahrer bekannt, dass in 150 Meter eine scharfe Linkskurve folgt (als Beispiel). Nebst diesem zentralen Makel gibt es diverse kleine Verbesserungen, mithilfe dessen das System reifen könnte. Nachfolgend sind zwei weitere Beispiele aufgelistet:

A) Das Erkennen einer potenziellen Überholung auf der rechten Spur, wenn ein anderes Fahrzeug mit tieferer Geschwindigkeit auf der linken Spur fährt.

B) Bei stockendem Verkehr oder Stau auf mehreren Spuren: Das korrekte Einschätzen der Situation und Verhindern eines „Autoparken„-Vorschlags an den Fahrer, wenn auf der angrenzenden Spur etwas Platz durch aufrückende Verkehrsteilnehmer entsteht.

Ein durchaus positiver Ausblick

Den Blick in die Zukunft von Tesla lichtet jedoch den schmalen Schatten, der auf dem heutigen Stand der Entwicklung liegt. Man muss bedenken, dass Tesla nun während eines ganzen Jahres ihre Softwareplattform von MobileEye auf eine neue, selbstentwickelte Plattform namens „Tesla Vision“ überführt hat. Wenn man die Verbreitung der Fahrzeuge und die Komplexität der herrschenden Regulatorien in den verschiedenen Ländern beachtet, ist dies bereits eine unglaubliche Leistung, die nicht jedes Unternehmen geschafft hätte. Betreffend der sogenannten „Parität“ des alten Systems (basierend auf MobileEye) und dem neuen (Tesla Vision) dürften die beiden nun mittlerweile auf dem gleichen Level angekommen sein. Lange wurde Tesla dafür kritisiert, dass der Autopilot 2.0 nicht gleich gut war, wie die initiale Version 1.0 – unter Anbetracht der Hintergründe ist dies jedoch eine logische Konsequenz. Quellen von Tesla gaben bereits vor ungefähr einem Monat bekannt, dass man nun die technologische Basis des Systems stabilisiert und optimiert hat. Nun dürften grössere Wellen an Verbesserungen möglich sein und das Autopilot-System Schritt für Schritt massiv verbessern. Sehr technisch versierte Quellen aus den USA geben sogar an, dass das System intern bereits Bauarbeiten an Strassen und temporale Beschilderungen gut erkennt und einordnen kann.

Ich persönlich glaube stark daran, dass der Ansatz von Tesla Vision ein sehr realitätsnahes Vorgehen und ebenso erfolgsversprechend ist. Zudem bin ich überzeugt, dass das System durch die Kombination von neuralen Netzwerken und der Auswertung von Fahrzeugdaten (mittels Deep/Machine-Learning) einer enorm grossen und weltweit aktiven Fahrzeugflotte, schnell an Bedeutung gewinnen wird. Vor einigen Monaten habe ich einen Artikel eines Analysten gelesen, der sich zum Thema „Autonomes Fahren“ wie folgt äusserte; derjenige mit den meisten gesammelten Daten, wird die Nase im Rennen des autonomen Fahrens vorne haben. Alle Tesla Fahrzeuge, inklusive dem Model 3, liefern bereits seit weit über einem Jahr Fahrdaten an Tesla. Seit einem halben Jahr werden sogar ergänzende Kontrastbilder von Kameras übermittelt, mithilfe dessen das neurale Netzwerk Entscheidungsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Software errechnen kann. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass Tesla mit Google (die übrigens ein gänzlich anderes Verfahren als Basis ihres System verwenden) um die Wette eilen wird, wenn es darum geht die Nase vorn zu haben. Im Falle von Tesla profitieren jedoch bereits hundertausende Kunden von der fortschrittlichen Technologie. Wir werden sehen! 🙂

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